Freitag, 10. Juli 2015
Labyrinth
Da kam ich nach einiger Suche an das Labyrinth. Von oben an der Steinbruchkannte hatte ich es schon gesehen, unten war es wie verschluckt, als sei es eine Fata Morgana gewesen.
Als ich auf meiner Suche schon das Ende des Steinbruchs erreicht hatte, kehrte ich um und, vorbei an den Tümpeln mit Molchen und über Untergrund übersät mit rostigen Patronenhülsen fand ich es. Bei den ersten Steinen stellte ich den Rucksack ab und ging in das Labyrinth wie in die Mitte zum Sinn meines Lebens. Meine gleichmäßigen Schritte brachten mich in Richtung Mittelpunkt und entfernten mich dann immer wieder. Tränen liefen mir über das Gesicht und ich wischte mir die Nase am Ärmel der Bluse. Lang lief ich, in kleinen und großen Kreisen näherte ich mich der Mitte und kam schließlich an. Lange stand ich da und fühlte nach. Ich spürte, ich war ohne Denken, ohne Wollen und auch ohne Trauer. Ich war leer. Da gab es keinen Grund mehr, in der Mitte zu bleiben, ich ging zurück und nahm sie mit, die Leere. Mit der Hand am Herz ging ich und ließ sie ab und zu sinken, in mir Ruhe und Gehen, bis ich den letzten Kreis vollzogen hatte und zum Ausgang geführt wurde.
Was für ein Bild für mein Leben. Ist der Tod der Wendepunkt, ist es die Entdeckung der Liebe?
Montag, 15. Juni 2015
Wind
Unter den Pappeln im Park wurde mir bewusst, dass das Thema Wind gerade wieder an Bedeutung ge-winnt!
Vor einigen Jahren hatte ich schon mit Wind gearbeitet, bei einem Projekt im Öffentlichen Raum, bzw. an drei dieser Projekte, an denen Fahnen eine Hauptrolle spielten mit Botschaften, die der Wind über die Zeit in alle Welt tragen würde. Botschaften wie: LASS DIE NATUR DEINE LEHRERIN SEIN oder IN EINEM GRASHALM FINDEST DU DIE GANZE WELT.
Nun saß ich unter den Pappeln, hörte das Rascheln der Blätter und sah immer wieder den weißen weichen Flaum der Samen durch die Luft wehen.
Wir waren zu einem Geburtstag zusammengekommen und ich hatte das gemeinschaftliche Ausschneiden und Zusammenfügen zu einer farbigen Papierkette verschenkt.
Wie schön war es, dieser Kette zuzusehen! Sich wiegend und wirbelnd folgte sie den Böen und zauberte zarte Farbimpulse in das Grün der Umgebung.
Diese Bewegung zog mich an und ich filmte diesen Tanz einige Zeit - vielleicht taucht er in einem der nächsten Filme auf...
Freitag, 15. Mai 2015
Ida und der Vogel
Ida ging
durch die Straßen der Stadt.
Offen für
Begegnungen ließ sie sich treiben.
Sie
überquerte eine Straße in Richtung Fluss und fand neben der Fahrbahn einen
Vogel, am Teer liegend.
Armer, toter
Vogel, sprach sie und, angerührt von der Zartheit seines Gefieders, hob sie den
kleinen Körper auf, ganz sacht, und ließ ihn auf das Gras gleiten, das Gras
unter den Bäumen, die die Straße beschatteten.
Da spürte
und sah sie sein Herz klopfen.
Mit
Wassertropfen aus ihrer Trinkflasche benetzte sie den Schnabel, ein kleiner
Schwall roten Blutes benetzte die Brust.
Aber die
Augenlider zuckten.
Wieder und
wieder träufelte sie Wasser auf den Schnabel, worauf sich das Blut verdünnte.
Da begann er
zu schlucken. Und trank schließlich.
Sie kniete
im Gras neben ihm, als sich die Augen öffneten und wieder schlossen. Und sich
wieder öffneten.
Sie strich
ihm behutsam über die Brust und war bei ihm.
Da ging ein
Beben durch den Körper des Vogels, die Flügel breiteten sich aus und er flog
auf den nahen Baum.
Sie stand
auf, dankbar, dass das Leben in ihn zurückgekehrt war.
Er flog noch
auf den nächsten Ast. Und weiter.
Dann ging
sie.
Als ich sie
später fragte, was für ein Vogel das gewesen sei, konnte sie ihn nicht
beschreiben.
Ich glaube,
sagte sie, das ist so, wenn Jemandem etwas zustößt: Du hilfst und achtest nicht
darauf, welche Hautfarbe jemand hat.
Mir begegnete heute auch ein Vogel, aber er war tot. |
Samstag, 9. Mai 2015
Die Tulpe
Die Tulpe hat mich begleitet vom Starnberger See, vom Seminar für Verwaiste Eltern, bis nach Hause.
Warum liegt sie?, könnte ich das Programm fragen, das mir das Hochladen des Fotos ermöglicht. Ich kann es nicht sagen und es lässt sich kaum ändern, außer ich versuche, das Original zu drehen und "falsch" hochzuladen, manchmal klappt das.
Aber jetzt kann ich nachdenken, warum sie gerade heute liegt.
Steckt ein Sinn dahinter?
Ist es ein Lächeln von ganz "oben", wo auch immer das sein mag?
Möglich, denn aus irgendwelchem anderen Grund wachte ich heute mit einem sagenhaften Glücksgefühl auf, ganz beseelt und einverstanden und empfand ein großes JA für Alles, das mich sehr glücklich machte. Es war wie eine Botschaft und schien so gar nicht mit meinem Alltag zu tun zu haben und auch nicht mit dem ruhigen Einverstandensein und schon gar nicht mit dem Freuen über kleine Wunder, denn es war groß...
Vielleicht hat mein Sohn mir das geschickt, der auch die Blume den Kopf anheben hieß anstatt ihn nach unten zu neigen!
(im Hintergrund die Botschaft: Manchmal sollte man einfach ans Meer fahren)
Danke, Sohn!
Warum liegt sie?, könnte ich das Programm fragen, das mir das Hochladen des Fotos ermöglicht. Ich kann es nicht sagen und es lässt sich kaum ändern, außer ich versuche, das Original zu drehen und "falsch" hochzuladen, manchmal klappt das.
Aber jetzt kann ich nachdenken, warum sie gerade heute liegt.
Steckt ein Sinn dahinter?
Ist es ein Lächeln von ganz "oben", wo auch immer das sein mag?
Möglich, denn aus irgendwelchem anderen Grund wachte ich heute mit einem sagenhaften Glücksgefühl auf, ganz beseelt und einverstanden und empfand ein großes JA für Alles, das mich sehr glücklich machte. Es war wie eine Botschaft und schien so gar nicht mit meinem Alltag zu tun zu haben und auch nicht mit dem ruhigen Einverstandensein und schon gar nicht mit dem Freuen über kleine Wunder, denn es war groß...
Vielleicht hat mein Sohn mir das geschickt, der auch die Blume den Kopf anheben hieß anstatt ihn nach unten zu neigen!
(im Hintergrund die Botschaft: Manchmal sollte man einfach ans Meer fahren)
Danke, Sohn!
Dienstag, 28. April 2015
Nach dem Wochenende
Drei Tage am Starnberger See, schwere Tage und schöne Tage.
Vier Tage vorher im August ein Schwimmen mit Blick auf die Berge.
Acht Monate später bin ich an diesem Ort.
Neben dem Kloster ist das Buchheim-Museum mit seiner Sammlung und der aktuellen Expressionisten-Ausstellung. Hier treffe ich wieder auf Radziwill, ein Vorbild aus den Tagen des Kunststudiums, und entdecke einen Engel.
Mich tröstet ein Buddha der Sammlung. Sein leichtes, wissendes Lächeln verströmt Tiefe und Weisheit.
Die Masken erinnern an die Gesichter der Menschen seit dem letzten Sommer.
Die Madonna trägt auf dem Gewand dieselbe Stickerei wie ich auf meinem Tuch.
Abends breitet auch die Landschaft mit einer Spiegelung ihre Arme aus und schließt mich und meine müden Augen in ihre Arme.
Am nächsten Abend erfahre ich von dem Erdbeben in Nepal und denke voll Mitgefühl an die Traumatisierten, Leidenden und Trauernden dort.
Samstag, 18. April 2015
Malerei fließen lassen
Ob es Zufälle gibt?
Genau so, wie ich Käthe Kollwitz über Umwege begegnet bin, begegnete ich heute im Supermarkt einer Frau, die sich nach meinem Ergehen erkundigte - eine Frage, die mich anschließend in den abgelegensten Bereich des Supermarktes trieb. Dort versteckten sich zwei Kinder hinter einer niedrigen Verkaufsfläche, kicherten und rannten davon. Als ich nachsah, was dort für Waren lagen, wartete eine kleine Flasche um die Hälfte reduzierter schwarzer Abtönfarbe auf mich, die ich kaufte.
Zuhause holte ich einen kleinen Borstenpinsel, riss aus einem Buch, das mir für Collagen diente, einige Seiten und begann zu malen.
Ich malte, ohne nachzudenken, was mir aus der Hand floss.
Seit wie langer Zeit hatte ich nicht mehr gemalt!
Hier die Seelenbilder, wie ich sie nennen will:
WE |
Mittwoch, 15. April 2015
Begegnung mit Käthe Kollwitz
S. hat mir ein Buch geschenkt, in
dem es um eine junge Künstlerin geht, die Vögel liebt, darstellt und an der
Zerstörung ihrer Umwelt leidet, schließlich krank wird, von der Zeichnerin zur
Malerin und zur Bildhauerin wird und stirbt, nicht ohne den Plan zu verfolgen,
mit der illegalen Beerdigung ihrer Leiche auf einem an einen Investor
verkauften Grundstück dessen Bebauung zu verhindern.
Das wäre eine Geschichte, die
interessant erzählt werden könnte, die Autorin hat mich aber enttäuscht, es
scheint mir ohne Herz geschrieben, nur zusammengesetzt aus herbeigesuchten
Versatzstücken.
Öfter kommt auch Käthe Kollwitz
vor, ohne dass ich mich erinnern kann, wie ihr Leben in die Handlung wirkt.
Aber bei mir hat es etwas ausgelöst, von ihr zu lesen und, auch weil mich ihr
Portrait in Form einer Fotografie schon lange begleitet, ging ich in die
Bücherei, um mir ihre Tagebücher auszuleihen. Als zweites nahm ich ein Buch mit Selbstportraits und sogenannten „versteckten“ Selbstportraits mit.
Es ist manchmal, als ob das Schicksal
mir etwas zuspielt, mir, der Künstlerin, die ebenso wie Käthe Kollwitz ihren
Sohn verloren hat. Wiedergefunden habe ich in den Buchzeilen das Gefühl der
Trauer, das Kämpfen um den Sinn des Lebens, das Auf und Ab der produktiven und
das der suchenden, sinnlos erscheinenden Phasen, in denen man sich durch das
Ausbleiben der schöpferischen Kraft so schwer tut. Dann der Große Einschnitt,
der sie so trifft, obwohl ihr von klein auf das Sterben von Kindern gegenwärtig
ist – „die Mutter, das Kind und der Tod“ - ein schon in jungen Jahren bearbeitetes
Thema.
Auf welch anderem Weg bin ich zurzeit
unterwegs: Die Filme auf Abstand, bearbeite ich nach der Begegnung mit den Mandalas
nach C.G. Jung auf ebenso heilende Art und Weise meine Holunderholz-Augen. Es entstehen
vielseitige strahlende Augen-Blicke und ich warte auf die Paketsendung mit den für
die kleinen Arbeiten bestellten Anhängern:
Augen aus Holunderholz / Holunder
schützt und hilft
Sonntag, 4. Januar 2015
Wein
Gestern auf Arte einen Film über georgischen Wein gesehen.
Die
meist roten Trauben wurden am Markt der Hauptstadt, quellend aus den
Kofferräumen von Autos, verkauft.
In riesigen Amphoren aus Ton, die in den
Erdboden inmitten der Weinbauernhäuser eingelassen und mit Deckeln aus Ton
zugedeckt waren, gärten die Trauben. Frauen verrührten im Freien über offenem
Feuer in einem riesigen Topf roten Traubensaft mit Mehl zu einer dicken Masse,
in die sie dann an Schnüren aufgefädelte Walnüsse tauchten und anschließend zum
Trocknen aufhängten.
An langen Tischen wurden die Gläser erhoben und in allen
Trinksprüchen den Helfern, den Weinbauern, den Familienmitgliedern und immer
auch den Toten gedankt.
Einmal saßen alle am Friedhof in kleinerer Runde neben den
Gräbern an einem Tisch und aßen und tranken. Der Toten wurde gedacht, auch
denjenigen, deren Bilder noch in den kleineren umzäunten Grabstellen zu sehen
waren und die keine Angehörigen mehr hatten. Sie alle waren eingeladen und
wurden nicht vergessen. Ihre gemalten fotografie-ähnlichen Portraits ließen die Verstorbenen merkwürdig präsent sein.
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