Dienstag, 26. Februar 2019
Mein Cover
Mein Cover hatte eine schwere Geburt. Das kann schon mal sein, wenn man mehrere Buchkinder auf die Welt bringt, aber ich hoffe, das nächste Mal geht es ohne so große Komplikationen ab. Von Anfang an hat es sich dagegen gewehrt, auf die Welt zu kommen, obwohl alles vorbereitet war, das schöne Titelmotiv stand fest, ja, es war schon im Impressum des Buchblocks stolz angeführt, ebenso wie der Titel natürlich und mein Name. Den Klappentext hatte die Lektorin wohlwollend begutachtet, die Größe war berechnet und ich freute mich darauf, all diese Dinge zusammenzuführen zu einem Kleid für die Worte, zu einer Hülle für die in ihnen ausgedrückte Liebe. Aber nichts klappte, das Grafikprogramm gehorchte mir nicht trotz der vielen Tutorials, die Oberfläche des Bilds blieb unruhig und verweigerte sich trotzig meinen beruhigenden Gesten, die Schrift brüllte entweder zu laut oder versank in Depression und zu allem Überfluss ließ mein Emailprogramm die Rettungsmails nicht durch, die ich mit vielen Hilferufen angefordert hatte. Eine Hebamme musste eingeschaltet werden, eine Grafikerin, die mit wenig Zeit, aber großer Gründlichkeit ihr Wissen, ihre Erfahrung und all ihr Können einsetzte, um die einzelnen Teile zu einem Ganzen zu fügen. Ich lernte viel, nicht zuletzt, dass meine Vorliebe für Grau nicht die beste Voraussetzung dafür ist, ein bejahendes Buch auf die Welt zu begleiten. „Aber nun, mit diesem frischen Grün, jetzt, wo alles mit neuem Mut zu neuem Leben erwacht, ist es ja eine volle Punktlandung, wenn das Buch erscheint“, sagte die Grafikerin. Und ich sage „Ja! Herzlich willkommen auf der Welt, Cover!“
Dienstag, 5. Februar 2019
Wunsch
Ohnmächtig
zu sein, welche Wohltat! Der Ohnmacht nachgeben zu müssen, sich ergeben
hineinziehen zu lassen in das große Schwarz, nichts mehr zu tun zu haben, wie erstrebenswert!
In
einem Harry-Potter-Film reiht sich ein Ohnmachtsanfall an den anderen. Immer
wieder liegt der Kopf des Helden auf harter Erde, in regenfeuchtem Gras, auf
Zugpolstern gebettet oder in Krankenzimmern. Fremde, hilfreiche und besorgte Gesichter
beugen sich über ihn, aber erst, wenn er genug geruht hat, wenn der Körper sich
regeneriert hat, niemals vor der Zeit - man muss ihn schonen, um die erneut
sich sammelnde Kraft nicht zu schmälern oder zu beschädigen, man muss ihn mit Samthandschuhen
anfassen, nur ausgeruht und entspannt darf der Held die Augen öffnen, die kleinen
Schrammen im Gesicht tun nichts zur Sache - erst dann ist er bereit zu neuen Aufgaben
und Abenteuern.
So
ein Leben wünsche ich mir auch, genauer: dass sich die Arbeit von selbst tut während
meiner langen Ohnmachten. Nur zum Lesen, Essen und Spazierengehen will ich erwachen,
in der Zwischenzeit macht sich die Arbeit von selbst, mein Buch stellt sich fertig
(ja, es ist schnurrend und mit glänzendem Fell aus dem Lektorat zurück!), es gestaltet
selbständig Satz und Cover und gibt sich erfolgreich und mit den richtigen
Keywords heraus, und ich darf auftauchen aus meinem sanften Schweben zum Beifall
der Leserschaft, der wie ein warmer Regen auf mich einprasselt.
Jemand
hat meine etwas zerzausten sozialen Beziehungen gepflegt, hat sorgfältig die Kokons
aus liebevollen Worten neu aufgewickelt, hat meine faltige Stirn wieder glattgestrichen,
hat umgeworfene Frühstückstische auf die Füße gestellt und von Neuem mit Köstlichkeiten
bedeckt. Deshalb erwache ich endgültig, schlage die Augen auf und nicke selig
zur Freude aller Umstehenden, nehme ein paar Streicheleinheiten entgegen, räkle
mich und peile entspannt die wenigen, leicht lösbaren Aufgaben an, die zu tun
noch übrig sind.
©Barbara
Biegel 2/2019
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