Ohnmächtig
zu sein, welche Wohltat! Der Ohnmacht nachgeben zu müssen, sich ergeben
hineinziehen zu lassen in das große Schwarz, nichts mehr zu tun zu haben, wie erstrebenswert!
In
einem Harry-Potter-Film reiht sich ein Ohnmachtsanfall an den anderen. Immer
wieder liegt der Kopf des Helden auf harter Erde, in regenfeuchtem Gras, auf
Zugpolstern gebettet oder in Krankenzimmern. Fremde, hilfreiche und besorgte Gesichter
beugen sich über ihn, aber erst, wenn er genug geruht hat, wenn der Körper sich
regeneriert hat, niemals vor der Zeit - man muss ihn schonen, um die erneut
sich sammelnde Kraft nicht zu schmälern oder zu beschädigen, man muss ihn mit Samthandschuhen
anfassen, nur ausgeruht und entspannt darf der Held die Augen öffnen, die kleinen
Schrammen im Gesicht tun nichts zur Sache - erst dann ist er bereit zu neuen Aufgaben
und Abenteuern.
So
ein Leben wünsche ich mir auch, genauer: dass sich die Arbeit von selbst tut während
meiner langen Ohnmachten. Nur zum Lesen, Essen und Spazierengehen will ich erwachen,
in der Zwischenzeit macht sich die Arbeit von selbst, mein Buch stellt sich fertig
(ja, es ist schnurrend und mit glänzendem Fell aus dem Lektorat zurück!), es gestaltet
selbständig Satz und Cover und gibt sich erfolgreich und mit den richtigen
Keywords heraus, und ich darf auftauchen aus meinem sanften Schweben zum Beifall
der Leserschaft, der wie ein warmer Regen auf mich einprasselt.
Jemand
hat meine etwas zerzausten sozialen Beziehungen gepflegt, hat sorgfältig die Kokons
aus liebevollen Worten neu aufgewickelt, hat meine faltige Stirn wieder glattgestrichen,
hat umgeworfene Frühstückstische auf die Füße gestellt und von Neuem mit Köstlichkeiten
bedeckt. Deshalb erwache ich endgültig, schlage die Augen auf und nicke selig
zur Freude aller Umstehenden, nehme ein paar Streicheleinheiten entgegen, räkle
mich und peile entspannt die wenigen, leicht lösbaren Aufgaben an, die zu tun
noch übrig sind.
©Barbara
Biegel 2/2019
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