Eine Mutter reiste in
die Stadt am großen Fluss. Schon mehr als tausend Jahre fuhren Schiffe von dort
auf die Meere der Welt.
Der Sohn der Frau,
der bis jetzt überlebt hatte, während andere von Bergen gestürzt oder mit Autos
gegen Begrenzungen geprallt waren, wohnte im Hafen auf einem Schiff mit Segeln.
Umgeben von Kränen und Frachtern lag es an dem Ufer vertäut, das im Namen einen
Vogel und die Zukunftsform von Sein trug. Von dort aus sah man auf die Brandung
der Häuserwogen und die Gischt der Schornsteine.
Die schmalen Kojen
unter Deck warteten seit einer Handvoll Winter auf Schlafende, doch am Schiff
wurde einiges erneuert und die Zimmerleute ließen sich Zeit.
Die Frau kam abends
an und freute sich, ihren Sohn zu sehen. Sie umarmten einander und er bot ihr für
die Nacht eine der Kojen an, doch im Bauch des Schiffes war es eng und ohne
Lichtquelle, weshalb sie es vorzog, im sogenannten oberen Salon zu bleiben. Sie
ging zu Bett und fühlte ihr Inneres unrhythmisch schaukeln wie ein Korken im Wasser
des Hafenbeckens. Das unaufhörliche Be- und Entladen der Containerschiffe bewegte
das Schiff auf spitzen Wellenkämmen hin und her. Feuchte Kälte kroch in ihren
Schlafsack, so dass sie lange wach lag, trotz Mütze aus Fleece und Wollsocken.
Am Tag ging sie
schwankend, vor Müdigkeit und wegen des Gefühls von Ebbe und Flut. Nie Gehörtes
wie die Rufe der Möwen, die Sirenen der Schiffe, die Lautsprecher der Barkassen,
die fremden Sprachen vermischten sich mit dem Lachen ihres Sohnes und dem Bild
von seinem ausgestreckten Arm auf Graffitis und Weiden am Strand.
Die mit ihm geteilte
Zeit nutzten ihre Kleidungsstücke, den besonderen Geruch anzunehmen, der ihr,
als sie längst wieder zu Hause war, noch Geschichten von Wasser und Hafen und vom
Leben ihres Sohns erzählte.
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