Der Film beginnt und ich finde
mich in meiner Heimat wieder.
Die Leute sagen ‚Kren‘. Jemand
spricht von ‚Tafelspitz‘, gleichermaßen ein Rätselwort, beladen mit zwei Bildern.
In mir steigen Erinnerungen auf an den besonderen, nicht alltäglichen Geschmack,
die manchmal unerwartete Schärfe und die weiße, leicht flockige Konsistenz. Als
käme sie aus einer anderen Welt von jenseits des Meeres, unterschied sich diese
Soße von den üblichen braunen, mehr oder weniger sämigen Flüssigkeiten zu Kloß
und Fleisch.
Mir Kind schien die Meerrettichsoße
etwas Edles zu sein, ein Essen für Könige vielleicht. Sie saßen an langen Tafeln,
neben sich ihren Spitz, trugen den Hermelinmantel als Zeichen der Macht und
tauchten silberne Löffel in den weißen Schaum.
Die Bauern, die in der Verbundenheit
mit ihrer Landschaft gezeigt werden und zu Wort kommen, sind die Weisen des
Reichs. Seit langer Zeit haben sie alle Geheimnisse um die Pflanze gesammelt,
aufbewahrt und von Generation zu Generation weitergegeben. Woher sie einst gekommen
ist, wissen sie nicht. Einer ihrer Namen erzählt vom Meer. Sie leben mit ihr
und dem Auftrag, sie veredelt erneut in alle Welt zu verbreiten. Sie sind im
Besitz der notwendigen Böden, nicht zu trocken und durchlässig. Im Frühjahr legen
sie die schmalen Stangen in die Erde und sehen bis zur Ernte ab Herbst einmal wöchentlich
danach. Sie graben den Blattansatz aus und entfernen neue Triebe, damit die
Kraft in die Wurzel gehen kann. Zur Erntezeit stehen sie auf dem Feld mit
stiller Freude über die wiederkehrenden Wunder der Natur. Wieder und wieder bücken
sie sich über die langen Reihen in einer nicht endenden Verbeugung. Die beladenen
Anhänger füllen die Scheunen voller Haufen schwarzen, zottigen Gewirrs. Davor, in
Licht und Luft an der Grenze zur Lagerstätte des dunklen Wesens im Inneren, sitzen
auf Stühlen Männer und Frauen und legen mit Schabemessern die helle Haut des
Meerrettichs frei. Bei jeder Mahlzeit nehmen sie Teile der Pflanze zu sich und danken
ihr für die heilkräftige Wirkung. Zum Reiben allerdings, wenn es in großem Rahmen
geschieht, ziehen sie Gasmasken über die ruhigen Gesichter, um ihre Tränen für
andere Ereignisse aufzubewahren.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen