Ich sitze am alten Krankenhausgelände der Stadt.
Seit langer Zeit gruppieren sich Gebäude um
einen Platz, den man als kleinen Park angelegt hat. Alte Linden, Kastanien mit riesigem
Stammdurchmesser, elegante Schnurbäume, behängt mit langen Schoten, eine fein
gefiederte Akazie und ein relativ frisch gepflanzter Ginkgo sowie einige
Obstbäume verteilen sich um weiße Metallbänke. Generationen junger Mütter haben
hier gesessen, wann immer es möglich war, den geregelten Zeiten des Frauenklinikalltags
zu entfliehen. Ein dunkelhäutiger Student kommt aus dem langgestreckten Flachbau
und doppelt die Fremdheit, die ich in mir spüre. Blattwerk spiegelt sich in einer
Fensterscheibe zu einer Figur, die mahnend die Hand hebt: Hör auf zu jammern,
nimm dir ein Beispiel an den Falken. Laut rufend erheben sie sich und umkreisen
ihren Lebensraum. Gib mir, gib mir, schreien die Jungvögel und verfolgen die
Mutter, die ihnen zu verstehen gibt, dass Freiheit Arbeit ist. Das Rotschwänzchen
hat das längst verstanden. Es lässt sich vom Falkenschatten auf dem Asphalt
nicht beeindrucken, wippt kurz mit dem Schwanz und hüpft weiter von Schild zu
Bank, zum Boden und wieder in die Höhe, um aufzupicken, was es von oben erspäht
hat.
An den mit Säuglingsschreien gesättigten
Mauern sind zahlreiche Gedenktafeln berühmter Männer angebracht, die als Kinder
ihrer Zeit dazu beitrugen, die Seele vom Körper zu trennen. Von drei Seiten
dringt das unaufhörliche Rauschen von Lüftungs- und Kühlungsgebläsen ans Ohr, obwohl
Frauen- und Augenklinik seit wenigen Wochen in das neue Uniklinikum am Rand der
Stadt umgezogen sind. Ich bin mit den Falken und den Tauben allein hier.
Manchmal ertönt der schrille Ruf einer Amsel als Warnung vor dem Jäger. Ab und
zu durchfährt ein Auto die Schranke an der Pforte. Die Geriatrie und die
Strahlenabteilung sind als einzige noch in den Häusern verblieben.
Die Bäume leiden unter der Trockenheit der
letzten Jahre wie meine Seele an der Wüste, auf die sie gestoßen ist. Mit
lautem Rascheln lässt eine Linde mir ihren trockenen Ast direkt vor die Füße fallen.
Mauersegler machen Flugübungen hoch über mir und treffen sich mit meiner Sehnsucht,
die sich wünscht, aufzubrechen. Wolkenberge im Westen, schwüle Gewitterschwere,
Grüße aus dem Anderswo.
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