Donnerstag, 18. Februar 2021

Was liegt hinter Corona?

 


Hinter Corona liegt das Meer. Ein ganzes Jahr lang ist C. auf diesen Berg gestiegen. Es ist durch Senken und über Geröll gestolpert und hat kurz vor Weihnachten den Gipfel erreicht. Nun steht es da und ist nur mit sich selbst beschäftigt. Anstatt mit offenen Augen die Schönheit der Umgebung aufzunehmen, flackert sein Blick. Es wühlt in seiner Tasche, zieht verschiedene Modelle von Masken hervor und steckt sie wieder ein. Augenblicklich werde ich wütend. Was soll das? Alle anderen haben ihre Masken auf. Ich bin gleichzeitig auf dem Gipfel angekommen und habe den nötigen Abstand eingehalten, aber C. hat sich vorgedrängelt und laut gehustet, ohne sich den Arm vor-zuhalten. C. ist das einzige Wesen, das sich jeder Solidarität ver-weigert, obwohl es doch Schuld an der ganzen Misere hat - damit muss auf der Stelle Schluss sein. Augenblicklich rufe ich das Meer heran. Eben noch hat es ruhig atmend hinter uns in der Sonne gelegen, hat seine Boote gewiegt und Lichtreflexe zu glitzernden Mustern verwo-ben, doch als es meinen Ruf hört, hat es sofort die Dringlichkeit gespürt und sich in Bewegung gesetzt. Es hat sich erhoben und große Wellenberge erzeugt, mit denen selbst riesige Frachter ihre Mühe hatten. Ihnen wurde noch etwas Zeit gegeben, die rettenden Häfen an-zusteuern, den Fischschwärmen und Walartigen wurde Bescheid gesagt, damit sie in tiefere Regionen abtauchen konnten. Dann wogte das Meer aus seinem Bett und richtete sich auf. Es trat mit einem ohrenbetäu-benden Brausen an C. heran, das verärgert mit der Hand wedelte, um ihm zu verstehen zu geben, dass es auf dem Berg nichts zu suchen hatte. Da ließ das Meer einen großen Strudel entstehen und ver-schluckte C. mit Haut und Haar, bevor es recht begriff, was vor sich ging. Ich legte die Handflächen aneinander und verneigte mich. Das Meer rülpste und zog sich mit einem Gurgeln zurück. Endlich konnte ich die Aussicht genießen.