Samstag, 13. Juni 2020

Just this








Bläulinge, Orchideen, Heckenrosen

Schön wie niemals sah ich jüngst die Erde. Einer Insel gleich trieb sie im Winde.
Das schreibt Marie-Luise Kaschnitz in ihrem Gedicht 'Juni'.

Stunde für Stunde auf der Hochfläche umherzustreifen, füllt meine Vorratskammer mit Wundern wieder auf. Draußen gelingt es mir am besten, dieses "Just this...", an das uns Jon Kabat-Zinn immer von neuem erinnert. Im jetzigen Moment ganz gegenwärtig zu sein. Verbunden.

Jeden Tag freue ich mich auf die Meditation auf youtube, auf die Ruhe, das Atmen und auch auf die vielen Anrufer, deren Fragen alle etwas mit mir zu tun haben, angefangen von dem Chilenen im Exil, der jüdischen Lehrerin bis hin zu der Frau, die ihre Eltern verloren hat.
"... enburdening yourself ..."
Und unglaublich wertvoll die Haltung Jons, der versichert, dass alles bereits da ist, nur noch nicht entfaltet ...


Dienstag, 9. Juni 2020

Nebel



„Hey, du dicker Nebel“, rief ich, „ja, du, mach dich gefälligst vom Acker! Mich kommt keiner mehr besuchen, all meine Freunde verirren sich in deinem Weiß. Sie finden weder den Weg aus dir heraus, noch den zu mir. So dicke Nebel, wie du es einer bist, sind nicht mehr angesagt. Mag sein, im Herbst, aber doch nicht Anfang Juni. Entweder du verdünnisierst dich oder ich mach dir Beine!“ Der Nebel waberte glucksend: „Kannst es ja versuchen. Aber ich frag mich, was du willst. Ich bin das Beste, was dir passieren konnte. Ich hab ein bisschen bei deinen Freunden aufgeräumt.“ „Das kannst du ruhig mir überlassen“, ich war empört, „meine Freunde suche ich mir selber aus.“ „Ach was“, kam es lässig zurück, „was bekommst du schon hin? Du hast jede Menge anderer Baustellen.“ „Auch die lass meine Sorge sein!“, mir reichte seine anmaßende Art, „verzieh dich endlich!“ „Du hältst dich wohl für das Zentrum des Universums?“, fragte der Nebel gedehnt, „Komm lieber wieder runter auf deinen grauen speckigen Teppich und schau mal genauer hin. Ich bin weiß und schön, die Hasen können sich unter meiner Decke vor den Greifvögeln verstecken. Ich dämpfe Autogeräusche, ich befeuchte das Gras. Sei doch froh, dass ich unter deinen Freunden aussiebe, die, die übrigbleiben, halten dich aus. Die anderen hätten dich nur abgelenkt.“ Ich war sprachlos. „Außerdem“, sagte der Nebel, „halte ich jede Menge weiterer Leute auf Abstand, damit du dich um dein Schreiben kümmern kannst. Corona und ich, wir waren uns einig, etwas Alleinsein kann dir nur gut tun.“