Mittwoch, 24. März 2021

Fingerabdruck

 

Mein Fingerabdruck - und ein winziger Text, der beschreibt, wie ich mich gerade fühle.

Ich liebe die Schreibimpulse von Susanne Niemeyer (https://www.freudenwort.de).

Ich kann aus ihren Anregungen soviel Unterstützung für mich ans Licht bringen. Jedes Mal treffen meine Antworten auf die Botschaft, die ich gerade brauche, wenn die Zuversicht sich ein bißchen verloren hat und ich etwas unruhig geworden bin. Die Kreativität durch schnippeln, stempeln oder Wortetausch macht alles spielerisch und verleiht dem doch einen gewissen Ernst, wie ein Ritual, das man ausführt in dem Bewusstsein, der ganz eigenen inneren Stimme auf der Spur zu sein.

Hier ein Text, der nach einem Impuls entstanden ist, die ersten drei Worte hatten sich als Anfang herauskristallisiert. ;-)

Honig und Ungeduld sind die wichtigsten Zutaten, um das eigene Leben zu ändern (Honig kann auch durch Gummibärchen ersetzt werden). Es gibt zwei Wege zur Veränderung. Zu viel Süßes lässt dich dick werden und dein innerer Druck steigt. Das kann allerdings in die Depression führen. Oder – mein Vorschlag - du ziehst deine Liebsten durch deine ständige Ungeduld und heftiges Herumgerühre in Dinge, die dich nichts angehen, in Mitleidenschaft. Sie werden zäh und ausdauernd von dir fordern, den Grund dafür zu erforschen und aus der Welt zu schaffen. Was du in diesem Fall dann außerdem benötigst, sind Zutaten wie ein instabiles Internet, weggebrochene Aufträge und fehlende Umarmungen. Dann wird das Maß bald voll und du wirst bereit sein. Dein Inneres beginnt zu brodeln. Ist die höchste Temperatur erreicht, suche dir einen trüben Tag aus, an dem beispielsweise im Haus ein Boden abgeschliffen wird und die Tagesmutter in der Nachbarwohnung die Kinder anschreit, und iss möglichst wenig, damit du alle, die mit dir zu tun haben, gereizt vor den Kopf stoßen kannst – dann wird es wie von selbst passieren. Es gibt Geklumpe und Geschrei. Du schmeißt alles hin. Du wirfst die Tür ins Schloss und stürmst hinaus, du rennst mit Wut im Bauch auf einen Berg. Dort bleibst du so lange stehen, bis du abgekühlt und wieder ruhig bist. Auf dem Heimweg werden dir die nächsten erforderlichen Schritte einfallen, zusammen mit der Sehnsucht nach Schokoladenüberzug oder Puderzucker. Zu Hause angekommen, wird dir die Lösung klar vor Augen stehen. Du musst nur noch den ersten Schnitt machen und eine Kostprobe nehmen.

Montag, 8. März 2021

Lebensringe

 

Ich bin Stein und fühlend. Ich bin Granit und Sandstein und Findling. Ich bin Kiesel und Tonschale. Ich trage Buchstaben, Sterne, Striche und Kreuze.

Jahr für Jahr sehe ich die frisch gepflanzten Bäumchen in Feld 12 größer werden. Es sind zur einen Hälfte Zierkirschen und zur anderen Zierapfelbäume. Inmitten des Grüngrau der Hecken und der silbrigen Rinde der Buchen verleiht ihre rosafarbene und dunkelrote Blütenfülle im Frühjahr dem Platz eine frische Aufbruchsstimmung. Manchmal wird dadurch sogar ein Stein bewegt, er rutscht ein bisschen zur Seite oder fällt um, obwohl wir Steine die Wesen mit dem größten Talent zur Ortstreue sind.

Ich bin Stein. Ich spreche mit dem Gras und das Gras spricht mit mir. Wir tauschen uns über die Menschen aus, die ab und an auftauchen. Bleiben sie neben uns stehen, empfangen wir Abbilder ihres Wesens. Meist sind es unregelmäßig geformte und eher farblose Gebilde, aber manchmal erscheinen in ihrer Aura auch Kreise, die Klarheit ausstrahlen und die von einer Farbigkeit sind, die tief in uns ein Echo hervorruft. Wir haben erkannt, dass es Menschen sind, die nach Krisen wieder Boden unter den Füßen gewonnen haben. Wir Steine wissen  von den Wurzeln der Bäume, die mit Jahresringen vertraut sind.

Man hat sechs bis zehn Gräber sternförmig um jedes dieser Bäumchen angelegt. Pflanzen, Vasen und Gestecke bedecken sie, und darüber baumeln die Mitbringsel der Angehörigen von den Zweigen: aufgefädelte Schneckenhäuser, gefaltete Papierkraniche oder Tropfen aus Glas. Von der Stadt drängt die Sirene eines Rettungsfahrzeugs herauf. Rettung naht, Rettung für die, die sie brauchen.

 





Mit großer Dankbarkeit blicke ich gerade auf die Geschenke, die das Leben mir macht, Momente voller Freude und Möglichkeiten, Nähe und Gemeinschaft.