Dienstag, 19. Januar 2021

Aufbruch


 

Plötzlich tauchte eine neue Möglichkeit auf, ein gangbarer Weg. Sanft geschwungen führte er durch eine Allee alter Laubbäume an einem Fluss entlang, über den sich geschwungene Brücken spannten. Auf der anderen Seite des Ufers schien eine Welt zu existieren, deren Prismen das letzte zarte Rot des Sonnenuntergangs reflektierten. Dort zeichneten sich die Silhouetten einzelner Bäume noch klar vor dem hellen Himmel ab, während das Ende des Weges schon im Dunkel lag. Wohin würde dieser Weg ihn führen? Würde er ihm schenken, was er so sehr erhoffte? Dass hinter den Schatten ein Leben auf ihn wartete, das harmonisch und voller Leichtigkeit war? 




Er zögerte und zuckte zusammen, als plötzlich ein Vogel aufflog. Mit einem Laut, der wie ein Klatschen klang, schlugen die Flügel aneinander, bevor er in einer der Baumkronen verschwand. Es war ihm, als habe das Tier ein Geweih auf dem Kopf getragen, aber er war sich nicht sicher. Er bekam Angst. Was, wenn er auf dem Weg Wesen traf, denen er nicht gewachsen war? Was, wenn es ihm wie Alice im Wunderland ging oder wie Frodo, der auf die Riesenspinne Kankra getroffen war? Weder viele Worte noch großer Mut standen ihm bei, für ihn hatte es immer einfache Lösungen gegeben. Stets hatte sich alles gefügt, nie hatte er etwas auszustehen gehabt. 

 


Vor seinem inneren Auge sah er sich als kleiner Junge mit großen Augen am Tisch sitzen, mit einem verschatteten Blick, der nach innen gerichtet war. Er drehte auf dem Absatz um und lief heim. Verzweifelt warf er sich aufs Bett und zog die Decke über sich.  

 

 

Er schlief ein und sah im Traum eine Bergkette, hinter der die Sonne aufging. Eben zogen sich Wolken wie Vorhänge zurück. Beim Aufwachen stand ihm das Bild ganz klar vor Augen.


 

Sein Herz klopfte. Er fühlte, er hatte noch eine Chance. In seinem Körper flimmerte es, als wären alle Zellen bereit zum Aufbruch. Er stand auf und eilte zum Fenster. Es hatte geschneit.

 

(Fotos von Graffitis im Paradiespark Jena (farbgefühl und andere), und am Bauzaun vor dem Theaterhaus Jena (?))


 

 

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