Sonntag, 5. Dezember 2021

Was siehst du?


 

Was siehst du, wenn du nichts siehst?

 

Plötzlich bleibe ich stehen. Absolutes Dunkel. Etwas wird langsam deutlicher. Es ist mein Körper. Ich sehe mit Augen, die die Grenzen erforschen. Der Umriss aus Haut wird zusehends schärfer. Was ich wahrnehme? Die nach vorne hängenden Schultern, die mich erschrecken und die ich gleich unwillkürlich straffe. Die auf der Erde stehenden Füße, die mich unermüdlich tragen, aus dem Hellen ins Dunkle, aus dem Dunklen ins Helle und zurück. Den sich heftig hebenden und senkenden Brustkorb, weil ich rennen musste, um genau diese Erfahrung zu machen. In seinem Schutz die zitternden Pumpen Lunge und Herz. Seitlich Arme, bereit zu fliegen und Hände, bereit, festzuhalten und loszulassen. Eine Zunge, auf der ein Heer von Worten liegt. Ein Lächeln, das nur darauf gewartet hat, aus seinem Versteck zu kommen. Einen Mund, der sagt: Fürchte dich nicht!

 

 

©Barbara Biegel2021

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